DGE-/DGPAED-Pressemitteilung zu Transition

Chronische Hormonerkrankungen bei Kindern und Jugendlichen

Gesundheitsschäden vermeiden: DGE und DGPAED fordern regelhafte Transition

 Altdorf, 22. März 2023 – Wachstumshormonmangel, Schilddrüsenerkrankungen wie Hashimoto, Diabetes, Störungen der Geschlechtsentwicklung, adrenogenitales Syndrom (AGS), Knochenerkrankungen oder Erkrankungen von Hypophyse und Nebenniere: Kinder und Jugendliche mit chronischen endokrinologischen Erkrankungen werden nicht selten schon seit frühester Kindheit von pädiatrischen Endokrinologinnen und Endokrinologen versorgt. Doch beim Übergang zu internistischen Hormonspezialistinnen und -Spezialisten ins Erwachsenenalter kommt es oftmals zur Behandlungsunterbrechung oder gar zum Abbruch. Die Folgen können ein schlechterer Gesundheitszustand und eine lebenslang erniedrigte Lebensqualität sein. Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie e.V. (DGE) und die Deutsche Gesellschaft für pädiatrische und adoleszente Endokrinologie und Diabetologie (DGPAED e.V.) fordern daher eine regelhafte Transitionsleistung für alle Heranwachsenden mit chronischen hormonellen Erkrankungen.

Transition ist der zielgerichtete Übergang von jungen, chronisch kranken Menschen von Kind-zentrierter in die Erwachsenen-orientierte Versorgung. Dabei erfolgt die strukturierte Weitergabe von wichtigen Krankheitsinformationen aus der Kindheit. „Dies geschieht etwa durch ein Übergabeprotokoll des spezialisierten Kinderarztes oder -ärztin sowie durch gemeinsame Übergabesprechstunden mit Kindern, Eltern und den alten und zukünftigen Behandelnden“, nennt Privatdozentin Dr. med. Nicole Unger, Oberärztin der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie & Stoffwechsel und Leiterin des Essener Zentrums für Seltene Endokrinologische Erkrankungen am Universitätsklinikum Essen, Beispiele. So könne die medizinische und fachübergreifende Behandlung - etwa durch Physiotherapeuten, Psychologen und anderen -, nahtlos weitergeführt werden. Eine Transition gilt dann als erfolgreich, wenn die jungen Erwachsenen am Ende der Transitionsphase selbst Expertinnen und Experten für ihre Gesundheit geworden sind.

Der Übergang ins Erwachsenenalter ist eine Sollbruchstelle der ärztlichen Versorgung

In Deutschland werden Kinder bis zum etwa 18. Geburtstag von Fachärzten für Kinder- und Jugendmedizin betreut. Danach müssen sie in die erwachsenenorientierte Gesundheitsversorgung wechseln. „Diese Transition kann für Jugendliche mit besonderem gesundheitlichen Versorgungsbedarf eine Sollbruchstelle ihrer Gesundheit sein“, so Unger. „Das betrifft in Deutschland fast 14 Prozent der Jugendlichen (1).“

Denn häufig fällt das Erwachsenwerden mit anderen tiefgreifenden Veränderungen zusammen, wie Abschluss der Schule, Auszug aus dem Elternhaus und Auflösung des bisherigen sozialen Netzwerkes. „Kommt dann noch ein Wechsel in der medizinischen Betreuung dazu, kann das die Gesundheit destabilisieren“, sagt auch Professor Dr. med. Berthold P. Hauffa, ehemaliger Leiter der Abteilung für Hormon- und Stoffwechselerkrankungen bei Kindern und Jugendlichen am Universitätsklinikum Essen. Er ergänzt: „Gerade für Menschen mit Hormonstörungen kann die Adoleszenz eine besonders sensible Phase sein“. Er gibt zu bedenken: „Langzeit-Komplikationen entwickeln sich unbehandelt oft schleichend über viele Jahre, zum Teil Jahrzehnte. Sie sind daher für die Betroffenen nicht immer offensichtlich und machen es ihnen schwer zu verstehen, wie wichtig eine kontinuierliche Therapie ist“.

Endokrinologinnen und Endokrinologen als Behandlungs-Lotsen

„Idealerweise übernehmen Endokrinologinnen und Endokrinologen die Mittlerfunktion und

Koordination zwischen den verschiedenen Disziplinen und halten die Fäden der Betreuung zusammen“, sagt Unger.

Da viele dieser Erkrankungen selten sind, gibt es zum Teil nur wenig Erfahrung mit Langzeitverläufen. „Deshalb sollte hier die Betreuung in spezialisierten Zentren mit wissenschaftlicher Auswertung der Langzeitergebnisse erfolgen. Des Weiteren wäre eine Zusammenarbeit mit anderen Zentren auf nationaler und internationaler Ebene vorteilhaft. Nur auf dieser Basis kann letztlich eine evidenzbasierte Medizin und damit eine verbesserte

Versorgung der Patienten im Bereich der (seltenen) endokrinologischen Erkrankungen erreicht werden“, findet Dr. med. Cordula Kiewert, Leiterin der Abteilung für Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Essen.

„Die Sensibilisierung für das Thema Transition sowie die Schaffung von Transitionsstrukturen ist Vertreterinnen und Vertretern von Kinderendokrinologie und Diabetologie schon seit Jahren ein zentrales Anliegen. Mit der Etablierung deutschlandweiter „Turner-Zentren“ ist dabei ein hoffnungsvoller Beginn erfolgt, dem möglichst schon bald Zentren für weitere seltene endokrinologische Erkrankungen folgen sollten“, sagt Dr. Dirk Schnabel von der Pädiatrischen Endokrinologie und Diabetologie, Charité, Universitätsmedizin Berlin und Präsident der DGPAED e.V.

„Auch für die DGE ist Transition ein wichtiges Thema. Denn die Betreuung an Kliniken und Praxen ist nicht einheitlich geregelt, zudem fehlen eine ausreichende Finanzierung und Wahrnehmung“, so DGE-Pressesprecher Professor Dr. med. Stephan Petersenn von der ENDOC Praxis für Endokrinologie und Andrologie in Hamburg. Das müsse sich ändern. „Umso erfreulicher, dass einige Kliniken mit viel Engagement und in unterschiedlichen Konzepten langfristige Transitionssprechstunden etabliert haben. So wird die von Professor Hauffa vor etwa 25 Jahren gegründete Transitionssprechstunde am Universitätsklinikum Essen sehr erfolgreich von Frau PD Dr. Unger und Frau Dr. Kiewert fortgeführt und weiterentwickelt. Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums gibt ein gemeinsames Symposium am 22. März 2023 einen Überblick über die wichtige Rolle der Transition bei der kontinuierlichen Versorgung junger Patientinnen und Patienten.“

Interessenkonflikte:

Keine.

Quelle:

Terminhinweis:

25. Endokrinologisches Abendsymposium: 25 Jahre Transition in Endokrinologie und Diabetologie in der Universitätsmedizin Essen, Mittwoch, 22. März 2023. Programm: https://www.endokrinologie.net/files/download/veranstaltungen/23030702.pdf

Weitere Informationen:

Schilddrüsen-Liga Deutschland e. V.: www.schilddruesenliga.de/

Netzwerk Hypophysen- und Nebennierenerkrankungen e. V.: www.glandula-online.de

Die AGS-Eltern- und Patienteninitiative e. V.: www.ags-initiative.de

Turner-Syndrom-Vereinigung-Deutschland e. V.: https://turner-syndrom.de/

Deutsche Klinefelter-Syndrom Vereinigung e. V.: https://www.klinefelter.de/cms/

Kraniopharyngeom-Gruppe: https://kraniopharyngeom.de/

Verein Intersexuelle Menschen e.V.: https://im-ev.de/

Wichtige Information

für Betroffene, die ebenfalls von einer Muskelerkrankung betroffen sind.
Troponin - Herzinfarktmarker bei Skelettmuskelerkrankungen chronisch erhöht

NEU! Broschüren in Blindenschrift

Unsere Broschüren

Autoimmunthyreoiditis - Hashimoto,
Morbus Basedow,
Schilddrüsenknoten und
B12-Mangel / Perniziöse Anämie

sind jetzt auch in Blindenschrift bei uns erhältlich.

Jodeinnahme bei nuklearen Katastrophen

Aus aktuellem Anlass möchten wir über ein zurzeit sehr präsentes und wichtiges Thema aufklären: Jodeinnahme bei nuklearen Katastrophen.

Zum Artikel: Blockade der Schilddrüse bei kerntechnischen Unfällen.

Hier geht es zur Empfehlung der Strahlenschutzkommision.

Wir stehen Ihnen bei Fragen selbstverständlich gerne zur Verfügung!

Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse und Covid-19

Prof. Dr. Michael Cordes, Nürnberg und Prof. Dr. Matthias Schott, Düsseldorf

Infektionen mit dem Corona Virus (SARS-CoV2) zeigen unterschiedliche Symptome und Schweregrade. Bei manchen Patienten, insbesondere bei jüngeren Individuen ohne Begleiterkrankungen, resultiert oft nur eine milde Symptomatik, die einem grippalen Infekt ähnelt. Manche Menschen aus dieser Gruppe entwickeln überhaupt keine Symptome (sog. asymptomatischer Verlauf).

Andererseits werden aber auch sehr schwere Krankheitsbilder beobachtet, die u.U. eine intensivmedizinische Versorgung, einschl. maschineller Beatmung, erforderlich machen. In Zusammenhang mit Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse stellen sich mehrere Fragen.

Haben Patienten mit einer Autoimmunerkrankung der Schilddrüse ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf der Covid-19 Erkrankung?
Hierzu weist die European Thyroid Association (ETA) darauf hin, dass Patienten mit Schilddrüsenerkrankungen per se kein erhöhtes Risiko für eine Covid-19 Erkrankung zeigen [ETA 2020]. Allerdings ist momentan noch unklar, ob der Erreger SARS-CoV2 die Schilddrüsenfunktion beeinträchtigt. Dass bei Patienten mit einer Autoimmunerkrankung das Risiko für einen schwereren Verlauf besteht, lassen die Daten bisher nicht erkennen. Die ETA empfiehlt jedoch, dass diese Patienten einer niedrigen bis mittleren Risikoklasse (ähnlich wie Patienten mit einer rheumatischen Erkrankung) zugeordnet werden sollten.
Patienten, die Cortisonpräparate erhalten (z.B. wegen endokriner Orbitopathie oder bei subakuter Thyreoiditis), sollten als Patienten mit erhöhtem Risiko betrachtet werden.

Kann durch Impfungen eine Autoimmunthyreoidtis (AIT) ausgelöst werden?
Hierfür gibt es bisher keine eindeutigen Daten. Die Wahrscheinlichkeit, dass man mit einer aktiven Immunisierung eine Autoimmunthyreoiditis auslöst, dürfte auf jeden Fall sehr gering sein. Für Impfungen mit den „Corona Impfstoffen“, die jetzt entwickelt wurden, gibt es dafür noch keine Untersuchungen. Bezüglich eines Impfstoffes gegen Papillomaviren (bei der es sich jedoch nicht um einen mRNA-Impfstoff handelt), die für das Auftreten von Gebärmutterhals Krebs verantwortlich gemacht werden, wurde in diesem Jahr eine Sammelstudie veröffentlicht, in der gezeigt wurde, dass nach einer Impfung der Anteil von Personen mit einer AIT gering höher war als in den Kontrollgruppen. Allerdings war der Unterschied statistisch nicht signifikant. Zudem konnte aus den Daten kein ursächlicher Zusammenhang für das Auftreten einer AIT abgeleitet werden [Rosillion 2020].

Dürfen sich Patienten mit einer Autoimmunerkrankung gegen SARS-CoV2 impfen lassen?
Das Robert-Koch-Institut erläutert dazu: „Autoimmunerkrankungen (z. B. Myasthenia gravis, Multiple Sklerose) oder chronisch-entzündliche Erkrankungen (z. B. Rheumatoide Arthritis, chronisch entzündliche Darmerkrankungen) stellen grundsätzlich keine Kontraindikation für Schutzimpfungen dar. Studien konnten bisher keinen Zusammenhang zwischen einer Impfung und einer neu aufgetretenen Autoimmunkrankheit bzw. einer chronisch-entzündlichen Erkrankung oder einem Schub einer bereits bestehenden Erkrankung belegen“.

Zusammenfassung: Aus der Sicht des Wissenschaftlichen Beirates bestehen bei Patienten mit AIT keine generellen Vorbehalte für eine Impfung gegen SARS-CoV2. Es muss jedoch betont werden, dass momentan die Datenlage noch nicht ausreicht, um eine endgültige Risikobewertung vorzunehmen. Dies gilt insbesondere für mögliche unerwünschte Wirkungen, die erst nach längerer Zeit auftreten. Betroffene mit einer allergischen Disposition (allergische Diathese) sollten vor einer geplanten Impfung Rücksprache mit ihrem behandelnden Arzt nehmen.

Literatur
ETA 2020: https://www.eurothyroid.com/files/download/ETA-PHB.pdf
Rosillion et al.: Pharmacoepidemiol Drug Saf 2020; 29: 1159-1167
Robert-Koch-Institut: https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/AllgFr_Kontraindi/faq_impfen_Kontraindi_ges.html

 

Was uns bewegt

Auch Kinder können an Funktionsstörungen der Schilddrüse erkranken. Unerkannt bergen diese Risiken für ihre weitere Entwicklung. Schon von Geburt an können Schilddrüsenfunktions-Störungen auftreten. PDF zum Download

Eingabe an den Gemeinsamen Bundesausschuß / Kinderuntersuchungen: PDF zum Download

Auszüge aus den Leitlinien der Deutschen Diabetes Gesellschaft - Zusammenhang Diabetes mellitus Typ1 und assoziierte Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse (Hashimoto) bei Kindern:
PDF zum Download (Auszug Diabetes mellitus Typ1 und Hashimoto) 
(Stand: 02-2017)

Wichtige Information zur Arztsuche

Wir sind ein ehrenamtlich tätiger Selbsthilfeverband, in dessen Selbsthilfegruppen sich Betroffene von Schilddrüsenerkrankungen und deren Angehörige über ihre persönlichen Erfahrungen austauschen können. 
Sollten Sie auf der Suche nach einem Arzt in Ihrer Nähe sein, dann beachten Sie bitte folgendes:

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